Maßnahmen treffen Medizintechnik, Optik, Photonik sowie Analysen-, Bio- und Labortechnik besonders hart / SPECTARIS fordert diplomatische Lösung und Schutz funktionierender Lieferketten
Die US-Regierung hat am Mittwoch umfassende zusätzliche Strafzölle in Höhe von 20 Prozent auf fast alle EU-Importe angekündigt. Diese Maßnahme trifft auch zahlreiche deutsche Unternehmen unmittelbar – insbesondere in exportstarken Hightech-Branchen wie Medizintechnik, Photonik oder Analysen-, Bio- und Labortechnik.
„Diese Strafzölle sind ein schwerer Rückschlag für den transatlantischen Handel und eine massive Belastung für den gemeinsamen technologischen Fortschritt“, erklärte Dr. Bernhard Ohnesorge, Vorsitzender von SPECTARIS, dem Industrieverband von vier deutschen Hightech-Branchen. „Gerade in Bereichen wie der Medizintechnik, Photonik oder Analysen-, Bio- und Labortechnik ist technologischer Fortschritt eng mit internationalem Austausch verbunden – ohne globale Märkte fehlt es Hightech-Unternehmen an Skaleneffekten, Innovationsdynamik und Investitionssicherheit.“
SPECTARIS verweist in diesem Zusammenhang auf mehrere aktuelle Studien¹, die die negativen wirtschaftlichen Folgen einer solchen US-Zollpolitik eindrücklich belegen. Demnach würde Trumps geplante Zollpolitik zu erheblichen Wachstumseinbußen für die US-Wirtschaft führen und zugleich die Inflation weiter anheizen. Unternehmen litten bereits jetzt unter großer Unsicherheit, bedingt durch den sprunghaften Kurs der US-Handelspolitik. Zwar könnten die Strafzölle die US-amerikanische Eigenproduktion kurzfristig erhöhen, doch überwiegen laut Studien die negativen Effekte auf das Wirtschaftswachstum deutlich. Zudem gibt es keinerlei belastbare Hinweise darauf, dass sich die US-Handelsbilanz durch solche Maßnahmen tatsächlich verbessern lässt.
„Diese Erkenntnisse zeigen: Die Zölle sind nicht nur ein Risiko für europäische Exporteure, sondern auch wirtschaftspolitisch kontraproduktiv für die USA selbst“, so Ohnesorge. „Jetzt braucht es politische Vernunft und den Gang zum Verhandlungstisch – keine weitere Eskalation.“
SPECTARIS spricht sich für eine mehrstufige, ausgewogene Reaktion der EU aus. Zunächst sollten alle diplomatischen Kanäle ausgeschöpft werden, um eine Verhandlungslösung zu ermöglichen. Parallel dazu müsse die EU gezielte, aber ver-hältnismäßige Gegenmaßnahmen vorbereiten. Zwar darf Europa solche protektionistischen Schritte nicht unbeantwortet lassen – gleichzeitig muss vermieden werden, dass funktionierende Lieferketten zusätzlich belastet werden. Eine Eskalation des Handelskonflikts könnte dazu führen, dass Unternehmen nicht nur Absatzmärkte verlieren, sondern auch zentrale Vorprodukte und Komponenten verteuert oder gar blockiert werden. Darüber hinaus sollte eine rechtliche Prüfung erfolgen, ob die US-Maßnahmen mit internationalem Handelsrecht vereinbar sind. Gegebenenfalls sei eine formelle Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) geboten. Bis März 2025 hatte die EU keine breit angelegten Importzölle auf US-Industrieprodukte erhoben. Die meisten Waren konnten unter den bestehenden WTO-Regeln zollfrei oder mit niedrigen einstelligen Standardsätzen eingeführt werden, darunter auch die Produkte der SPECTARIS-Hightech-Industrien.
„Die EU steht vor einem Balanceakt: Sie muss klare Kante zeigen und ihre wirtschaftlichen Interessen schützen – ohne jedoch einen Handelskrieg zu provozieren und ihrerseits den technologischen Fortschritt bremsen. Unsere Unternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, keinen transatlantischen Nervenkampf“, betont Ohnesorge.
¹ Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zu den Auswirkungen höherer Zölle auf die transatlantischen Handelsbeziehungen; Hans Böckler Stiftung: Simulation der Auswirkungen von Trumps Handelspolitik